"Paolo és Francesca" : Dante hatása a magyar századforduló művészeti gondolkodására

Király Erzsébet: "Paolo és Francesca" : Dante hatása a magyar századforduló művészeti gondolkodására. In: Elhallgatom, hogy rájöhess magadtól : az Isteni Színjáték forrásai és hatása. pp. 229-257. (2016)

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Das Motiv des in der Hölle leidenden Liebespaares ist in der Tradition der modernen ungarischen Kunst mit der kultartigen Verehrung seines Autors zusammen anwesend. Am Ende des 19. Jahrhunderts und um die Jahrhundertwende wird Dante selbst vielfältig beschworen, eher als eine vollständige ungarische Übersetzung seines monumentalen Werkes vorhanden sein wäre. 1865, als man in Italien den 600. Jahrestag seiner Geburt feierte, waren aus der Divina Commedia in ungarischer Sprache nur einige Ausschnitte greifbar. Die Trilogie, die als Enzyklopädie des Mittelalters betrachtet wurde, war mit ihrer theologischen Tiefe nur für Leute mit höchster Bildung empfohlen. Die ungarische Dante-Philologie stand noch bei den Anfängen, und weder das poema sacro, noch sein Verfasser, der “christliche Homer”, beschäftigten unsere Intelligenz und Schöpfergeister. Zu den Jubiläumsfeierlichkeiten in Florenz nahm sich niemand als Delegierter der Ungarischen Akademie der Wissenschaften teil, im feierlichen Zug war aber der ausgezeichnete ungarische Archäologe, Sammler, Schriftsteller und Politiker, Ferenc Pulszky (1814–1897) doch dabei. Er war in Ungarn einer der ersten Kenner und Schwärmer für Italien, der nach 1848 seine Emigrationsjahre hier verbrachte. In seiner Villa oberhalb der Via Bardi, wo er regelmäßig einen literarischen Salon unterhielt, wurde diesmal ein eigener ungarischer Dante-Abend veranstaltet. Neben den Vorlesungen trug man auch Gelegenheitsgedichte und -lieder, sowie Episoden aus der Göttlichen Komödie vor. Pulszky hatte, wie sein hochgeehrter italienischer Dichter, ein unseliges Exil erleiden müssen, so konnte er sich gewissermaßen Dantes Schicksalsgefährden betrachten. Über die Erlebnisse des Emigrantendaseins schrieb er 1887 ein Buch, das später zu einer Quelle des Italien- und Dante-Kultes in Ungarn wurde. Ein Gedicht von János Arany und ein graphisches Blatt von Mihály Zichy feierten den Ruhm von Dante, dessen Figur als ein künstlerisches Ideal bei uns herrschte. In Petőfis Apotheose (1898), die Zichy fürs Ehrenalbum des ungarischen Dichters abzielte, sehen wir Dante unter den Unsterblichen der Weltliteratur, d. h. in einer virtuellen Gemeinschaft der universalen Genien. (Abb. 39). Ein ausgezeichneter ungarischer Philologe, Jenő Péterfy (1850–1899) rief in einem deutsch geschriebenen Gedicht um 1870 das Schicksal des ehemaligen toskanischen Bergwanderers aus seiner Seelentiefe hervor. Über den häufig in Italien reisenden Germanisten wurde behauptet, dass er die Commedia immer bei sich hatte. Die drohende Wildnis der Tatra, wo ihm das Schattenreich der Hölle herumgeisterte, kann als ein poetisches Zustandsbekenntnis gedeutet werden. Berggipfel und Felsen sind im kultischen Kontext Symbole für außerordentliche menschliche Leistungen und mit den großen Gestalten der Kultur verbunden. Diese weit verbreitete Metapher fasste in der ungarischen Erinnerung an Dante sehr schnell Fuß. Die Beziehung zwischen der erhabenen Landschaft und dem Künstler, der außerhalb der Welt gezwungen lebt, stellte 1899 Ferenc Paczka ausdrucksvoll dar (Dante). Im Vordergrund einer nebligen Berglandschaft ist Dante in Form einer überdimensionierten Büste, wie ein riesiges Monument zu sehen. (Abb. 40). Die Höllenbewohner eines Dante-Denkmals von Alfonso Canciani, das 1896 in der Wiener Secession ausgestellt wurde, inspirierte 1909 den ungarischen Poeten, Dezső Kosztolányi für eine Sonette. Dante’s unterirdische, mittelalterliche Welt mit ihren erstarrten Leidenden, entspricht in seiner Vision gerade unserer modernen Zukunft. (Abb. 41). 1896 kam auch ein Inferno-Panorama im Budapester Stadtpark zustande, eine grandiose, märchenhafte elektrotechnische Sehenswürdigkeit, durch die Anwendung der Fotografie, der bildender Kunst und der Lichteffekte verwirklicht. Die mystische Stimmung dieser bühnenartigen Hölle sprach abermals von den gegenwärtigen, anbrüchigen moralischen Zuständen. (Abb. 42). Dantes charismatische Figur beschäftigte um Jahrhundertwende besonders stark eine einsame Persönlichkeit der ungarischen Malerei, Lajos Gulácsy (1882–1932). Unter dem Einfluss von Arnold Böcklin besuchte er zwischen 1902 und 1905 mehrmals Rom und Florenz. Dies war der Anfang seiner mystischen “Zeitreisen”, die erst beim Ausbruch des ersten Weltkrieges von seiner Geisteskrankheit abgebrochen wurden. Seine in Italien entstandenen Werke weisen darauf, dass er die historische Vergangenheit als eine ihm innerlich bekannte Welt erlebte und ausbeute. Wie schwer er sich in seiner wirklichen Umgebung zuHause fühlte, so natürlicherweise fand er sich zuerst im Mittelalter, dann in der Renaissance und im Rokoko zurecht. Der erste und schönste Beweis seiner historischen Pilgerfahrt ist Paolo und Francesca aus dem Jahre 1903 (Abb. 43). Hier sind die Personen aus der Hölle in ihrer irdischen Wirklichkeit zu sehen, im nunmehr unendlich gewordenen Moment ihres Lebens, wie sie sich aneinander schmiegen. Dante selbst hob dieses Liebespaar aus der Schar der Unzüchtigen und Sünder aller Fleischeslüste mitleidsvoll heraus (If., V, 73–142). Die folgenden Jahrhunderte waren aber gerade bereit, die Stimme der dichterischen Sympathie zu empfangen, ja vergrößern. So wurde die moralische Parabelartigkeit dieser Legende in der Kunst zum Lob der jeweiligen körperlichen Zuneigung. Auch die Figuren von Gulácsy sind durch Eros miteinander verbunden, zu gleicher Zeit mit Ahnung ihrer Verdammung belastet; sie erscheinen als andächtige Märtyrer der Liebe. Die Themenwahl steht dem Geist der Präraffaeliten nahe, deren Kunst der ungarische Maler in Florenz kennenlernte. Die DanteSchwärmerei und Verherrlichung des Mittelalters bildeten für ihn nicht bloß ein malerisches Motiv oder ein ästhetisches Vorbild, vielmehr die Quelle seiner eigengesetzlichen Phantasie. Das Syndrom der Ego- und Epochenverwechslung des Künstlers bekräftigt seine eigenhändig angefertigte Dante-Totenmaske um 1906. (Abb. 44). Laut dem Bericht eines zeitgenössischen Biographen war dieses Objekt im Gulácsys Leben ein Abdruck der hochgeschätzten, privaten Heiligkeit, stets mit einem Lorbeerkranz geschmückt und mit einer lateinischen Inschrift reliquienhaft versehen. Die Präsenz der Dante-Maske bedeutete für ihn die ständige, lebendige Beziehung zu seinem Idol. Wenn es wahr ist, dass auf einem den jungen Alighieri darstellenden Portrait (Dante, um 1906) sogar seine eigenen Gesichtszüge erkennbar sind, kann hier von einer vollkommenen, fruchtbaren künstlerischen Hingebung, vom Verschmelzen eines Dante-Kultes mit einem IchKulten die Rede sein. (Abb. 45) Dieser gehetzte, psychotisch wirkende “Alighieri” ist eigentlich Gulácsys heimliches Selbstportrait aufzufassen. Die von Giottos Urbild bekannte kräftige Nase und die markanten Charakterzeichen des Dichters sind mit Malers irrem Blick kontaminiert. Ein zur Hölle eilende ungarischer Künstler aus dem 20sten Jahrhundert erkennt hier sich selbst in der Gestalt des mittelalterlichen Sängers der Hölle wieder. Gulácsy verewigte Dante nicht nur als einen Kultur-Heros, sondern als einen sehnsüchtigen Mensch auch. Sein Bild Dantes Begegnung mit Beatrice (1904) stellt die Hauptfigur der Vita nuova dar (Abb. 46). Des Dichters tugendhafte Geliebte fällt unter ihren Gefährtinnen in der Straße des alten Firenze auf. Zu ihrer Reinheit und Sanftmut passt malerisch ihr weißes Kleid, während der gewöhnliche rote Mantel des jungen Dante ein Symbol der brennenden Liebe sein mag. Im traumhaften, stillen Milieu erscheinen die für einander niemals erreichbaren Gestalten. In der Figuren einer Zsolnay-Vase mit Liebespaare (Abb. 47) und einer Stutzuhr mit Dante und Beatrice (Abb. 48) lassen sich wieder die unsterblichen literarischen Helden identifizieren, als beliebte, fast volkstümliche Personen unserer profanen Alltagskultur und der Kleinkunst. Laut diesem Konzept sind sie Sinnbilder der ewigen, weihevollen Liebe und was noch mehr ist, die der überwundenen Zeit.

Mű típusa: Könyv része
Egyéb cím: “Paolo und Francesca” : Dantes Wirkung auf das künstlerische Denken der ungarischen Jahrhundertwende
Befoglaló folyóirat/kiadvány címe: Elhallgatom, hogy rájöhess magadtól : az Isteni Színjáték forrásai és hatása
Dátum: 2016
ISBN: 978-963-306-510-5
Oldalak: pp. 229-257
Konferencia neve: Az Isteni Színjáték forrásai és hatása (2.) (2016) (Szeged)
Kulcsszavak: Dante Alighieri, Olasz irodalom - 1290-1321 - életmű, Olasz irodalom - eposz, Műelemzés - irodalmi
Megjegyzések: Bibliogr.: p. 249-253. és a lábjegyzetekben ; összefoglalás német nyelven
Feltöltés dátuma: 2020. feb. 03. 12:08
Utolsó módosítás: 2020. feb. 03. 12:08
URI: http://acta.bibl.u-szeged.hu/id/eprint/64562
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